Zickwolf

Neuschreibung von Georg Büchners „Woyzeck“, von Jchj V. Dussel
mit Fragmenten des Originals, nach dem Konzept von Jessica Weisskirchen

CN/TW: sexualisierte Gewalt, Mord, Femizid
Georg Büchner schreibt im Dramenfragment „Woyzeck“ die, nach realen Fällen recherchierte, fiktive Geschichte des Soldaten Franz Woyzeck, der zum Mörder an der Frau wird, mit der er ein Kind hat; Marie Zickwolf. Der Originaltext beleuchtet dabei explizit den Pfad des Mörders und die Schuldfrage eines Täters vor den Hintergründen von geistiger Krankheit, sozialer Repression, Armut und niederer Klasse zur Zeit der Entstehung des Texts, Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Femizide – Frauenmorde – sind leider nach wie vor aktuell. Aber wie nähert sich mensch sich dem Thema heute?
Der, wie im Bühnenklassiker beschriebene „guter Mord, ein echter Mord, ein schöner Mord, so schön als man ihn nur verlangen tun kann,“ wird, nach dem Konzept von Jessica Weisskirchen, in der Neuschreibung von Jchj V. Dussel, aus der Perspektive der getöteten Frau(en) verarbeitet.

In einer ‘Zwischenwelt’, die Tod, Wiedergeburt und Leben miteinander verbindet, trifft die in Georg Büchners „Woyzeck“ ermordete Marie auf Leidensgenossinnen aus der Vergangenheit und der Zukunft. Alle eint dasselbe Schicksal – ihr Femizid. Im Jenseits finden sie nicht nur die Chance für Stillstand und Reflexion dieses uralten Traumas, sondern auch die fast magische Kraft über die Zweiteilung von Leben und Tod hinaus zu blicken. In Schwesternschaft. Der Versuch einer Befreiung.

Die neu imaginierten Szenen zwischen den drei Frauen werden dabei immer wieder unterbrochen von Flashbacks, sogenannten Körpererinnerungen des traumatischen Ereignisses, in diesem Fall: Originalszenen aus „Woyzeck“. Zum Zweck der Bewältigung werden sich diese Erlebnisse rituell, musikalisch, erzählerisch angeeignet, gebrochen, und in eine neue, liebevollere Zukunft für alle kommenden Maries umgelenkt:

„ … ein gutes Leben, ein echtes Leben, ein schönes Leben, so schön als mensch es nur verlangen kann, wir haben schon so lange so keins gehabt …“

Ziel ist nicht eine Abrechnung mit Büchner, oder ein sogenanntes Männerbashing. Die Arbeit des Teams orientiert sich an den Original-Figuren als Schablonen und hinterfragt Femizide und Gewalt gegen Frauen*körper als systemisches Problem, Bewusstseinsproblem, „Problemproblem“. Ein Versuch der Transformation. Vom Schrecken heraus, rein in Hoffnung und die Ermächtigung, kollektive Geschichten neu zu (be)schreiben. Gemeinsam. Lachend. Wütend. Schreiend. Lachend. Liebend. Gemeinsam. Erlöst?

Gefördert mit Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

Mit Cynthia Buchheim, Ines Burdow, Melanie Seeland Inszenierung Jessica Weisskirchen
Text & Dramaturgie Jchj V. Dussel Bühne Emanuel Schleiermacher Kostüme Wanda Traub
Musik/Ton Tim Andersen Licht Dietrich Baumgarten

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